Quelle : Süddeutsche -Zeitung 07.05.2012, 10:48

Frisch verheiratet und noch unbelastet von Regierungspflichten verbrachte der preußische Kronprinz sorglose Jahre auf Schloss Rheinsberg – bevor er zu Friedrich dem Großen wurde.

Rheinsberg liegt am Wasser. Durch die kleine Stadt im nördlichen Brandenburg fließt der beschauliche Rhin. Am Rheinsberger See gibt es einen Badestrand, am Grienericksee steht sogar ein Schloss. Es lohnt einen Besuch – in diesem Jahr mehr denn je. Denn es stehen gleich zwei Jubiläen an.

Schloss Rheinsberg in Brandenburg Die schönsten Jahre für Friedrich den Großen

 

Sie haben mit zwei Persönlichkeiten zu tun, die gar nicht unterschiedlicher sein könnten: mit Friedrich dem Großen und Kurt Tucholsky, der als Schriftsteller durchaus auch eine Größe war. Der erste führte lang und ausgiebig Kriege, der zweite war Pazifist. Der eine preußischer König, der andere überzeugter Gegner der Monarchie. Beide haben eines gemeinsam: die Liebe zu Rheinsberg.

Friedrich II., der vor 300 Jahren geboren wurde, verbrachte dort die glücklichste Zeit seines Lebens, als er frisch verheiratet und noch unbelastet von Regierungspflichten in der Provinz selbst bestimmen konnte, wie sein Tagesablauf aussah. Kurt Tucholsky verewigte das Städtchen in seinem allerersten und ausgesprochen erfolgreichen Buch „Rheinsberg“, das vor genau 100 Jahren erschienen ist.

Das „Bilderbuch für Verliebte“, wie der Untertitel lautet, ist nicht nur eine Liebeserklärung der Hauptfigur Wolfgang an seine Claire, sondern auch eine des Autors an die kleine Stadt, die schon im Kaiserreich als beliebtes Ausflugsziel galt.

Vom Vater zur Sparsamkeit ermahnt

Wie zum Postkartenmotiv bestimmt, liegt Schloss Rheinsberg am Ufer des Grienericksees. Ursprünglich war es eine Wasserburg mit nur einem Turm – heute ist es die wichtigste Sehenswürdigkeit der Stadt. Friedrich lebte von 1736 bis 1740 in Rheinsberg – und schenkte das Schloss später seinem jüngeren Bruder Heinrich. „Viele denken, er hat hier andauernd tolle Feste gefeiert“, sagt die Kastellanin des Schlosses, Helma Heldt. „Aber er war noch Kronprinz, kein König. Das heißt, er hatte kein Geld, der Vater ermahnte ihn ständig zu Sparsamkeit.“

Das Schloss steht seit 1991 Besuchern offen. Von 1953 bis 1990 war es ein Sanatorium für Diabetiker. Inzwischen sieht vieles wieder aus wie im 18. Jahrhundert. Der Spiegelsaal ist erst seit Kurzem wieder zugänglich.

Ab dem 4. August ist im Schloss die Ausstellung „Friedrich ohne Ende“ zu sehen. Das Bachuskabinett stellt den Kronprinzen dann als Baumeister vor. In seinem Arbeitszimmer, in dem er den „Antimachiavell“ geschrieben hat, soll eine Erstausgabe des Buches gezeigt werden – zusammen mit Briefen aus seiner Feder an Voltaire.

Das auch sonst sehenswerte Tucholsky-Museum, das im Schloss seinen Platz gefunden hat, zeigt zeitgleich eine ergänzende Ausstellung, die sich mit den Nachwirkungen des jungen, schon bald verklärten Hohenzollern-Sprösslings bis in die Gegenwart beschäftigt, wie der Leiter des Museums, Peter Böthig, erläutert.

Aber dass ausgerechnet das Tucholsky-Museum an den preußischen Paradekönig erinnert – passt das? „Tucholsky hat den aufgeklärten Geist durchaus respektiert“, sagt Böthig. Und dass er sein Rheinsberg-Buch gerade 1912 veröffentlicht hat, sei sicher auch kein Zufall. Dahinter steckte wohl das Kalkül, etwas mehr Aufmerksamkeit abzubekommen im damaligen Friedrich-Jubeljahr. Der 200. Geburtstag des Preußenkönigs wurde schließlich noch ohne das Wissen um das baldige Ende von Preußens Glanz und Gloria gefeiert.

Die Feiern in diesem Jahr legen den Schwerpunkt auf die Kultur: Bei denRheinsberger Musiktagen vom 25. bis 28. Mai steht der musikliebende Preußenkönig mehrfach im Mittelpunkt. Am Pfingstsonntag, 27. Mai, lädt die Musikakademie Rheinsberg zu „300 Flöten für Friedrich“ ein: Auf den Freitreppen des Schlosses, am Marstall und im Heckentheater zum Beispiel soll es dann ein Flötenkonzert zu Friedrichs 300. Geburtstag geben – gefallen hätte ihm das sicher.